Im Bauch der Königin ist ein Buch mit einem interessanten Aufbau, Vorder- und Rückseite des Buches sind vollkommen identisch, von beiden Seiten könnte dieses Buch begonnen werden zu lesen, nur das Lesebändchen gibt dann einen gewissen Hinweis, wenn man das so sagen kann. Denn eigentlich sind beide Geschichten auch irgendwie autark. Die beiden Teile könnten als ein weiblicher und ein männlicher Blick gedeutet werden, die Charaktere treten teilweise in beiden Teilen auf, nur die jeweilige Geschichte und die Gestaltung der Charaktere sind unterschiedlich. In einer wunderschönen bildhaften und blumigen Sprache beschreibt Karosh Taha hier die Lebenssituation kurdischer Einwanderer in Deutschland, dieses Buch ist ein Blick auf eine andere Kultur, ein Blick auf Entwurzelte, ein Blick auf zwei Generationen, eine in eine Coming of age Story verpackte Gesellschaftskritik. Dadurch, dass in diesem Buch Jugendliche erzählen, sind die verschiedenen Thematiken aus einer jugendlichen Sicht formuliert, wären definitiv noch ausbaufähig. Aber diesen Ausbau erhalten die Jugendlichen ja erst mit den weiteren erlebten Jahren. Und von daher ist die Geschichte eine interessante, denn diese Jugendlichen haben schon einiges erlebt, aber genauso steht ihnen noch vieles bevor. Dieser Blick der Jugendlichen beinhaltet einen Blick auf ihre eigene Generation und auch auf die Generation ihrer Eltern. Und in diesem Blick liegt eine Gesellschaftskritik, die man einerseits auf die Situation der Migranten in Deutschland beziehen kann, andererseits werden aber auch gewisse Tendenzen in der eigenen, kurdischen Kultur angeprangert. Dies finde ich interessant gewählt, öffnen sich doch jüngere Generationen mehr den anderen Kulturen und verändern doch damit auch die eigene Kultur entsprechend und ebenso betrachten sie die eigene Kultur aus anderen, kritischeren Augen. Ebenso interessant ist es die Buchteile in einen weiblichen und einen männlichen Blick aufzubauen. Haben doch geschlechtsspezifische Blicke eine ganz eigene Bedeutung, hier in der Kultur der Kurden, wie auch in unserer westlichen Welt. Ebenso interessant gewählt ist auch der Titel des Buches, im Bauch der Königin, einerseits wird hier der Königin/der Weiblichkeit eine Bedeutung gegeben, die sie früher einmal hatte und irgendwann wieder haben wird und andererseits könnte man den Titel als eine Form der Abnabelung begreifen. Besonders gefallen hat mir auch, dass im Buch auf das Geschichten erzählen Bezug genommen wird und hier im Besonderen auf die Figur der Scheherazade und damit wieder auf eine starke weibliche Rolle/eine starke Weiblichkeit. Denn auch Amal in der ersten Geschichte ist ein starker weiblicher Charakter und ebenso auch die Figur der Shahira. Denn obwohl selbstbestimmte Frauen in der kurdischen Gesellschaft ein nicht so leichtes Leben hatten/haben, heißt das ja nicht, dass dies für immer so bleiben wird. Das Einzige, was mich an diesem Buch gestört hat, war, dass ich beim Lesen wenig bis gar keine Nähe zu den Protagonisten aufbauen konnte, aber dies ist für mich auch in der Gestaltung als Coming of age Geschichte begründet, hier fällt mir das Nähe aufbauen etwas schwerer.